Blende 8 …

Für Fotografen existieren eine ganze Reihe von Weisheiten. Eine der immer wieder kolportierten lautet: "Die Sonne lacht, nimm Blende acht." Oder: "Bei Kind und Tier nimm Blende vier."

Diese Belichtungshilfen hatten sicher einst ihre Berechtigung. Zu Zeiten, als die Kameras der analogen Amateur-Fotografie noch keinen eingebauten Belichtungsmesser besaßen, waren solche Eselsbrücken durchaus eine Hilfe. Die damals auf  dem Markt vorhandenen Filme besaßen eine geringe Empfindlichkeit. Noch in den 1950er Jahren betrug die durchschnittliche Empfindlichkeit der zumeist für Boxkameras verwendeten Rollfilme nicht mehr als ISO 40.

Mit der Steigerung der Empfindlichkeit der Filmemulsionen, der damit verbundenen höheren Lichtempfindlichkeit der Filme, der zunehmenden technischen Entwicklung der internen wie externen Belichtungsmesser wurde auch in der analogen Fotografie die Blende acht bei Sonne immer weiter verschoben. Was für Filme mit 100 ISO/21DIN gegolten haben mochte, war für Filme mit 200 ISO/24 DIN schon obsolet. Denn hier musste, bei der Verdoppelung der Filmempfindlich, die Blende auf 16 geschlossen oder die Belichtungszeit verkürzt werden. 

Die Objektive der technisch sehr einfachen Kameras besaßen nur wenige Einstellmöglichkeiten. Oft gab es nur zwei Symbole für die Entfernungseinstellung: Einen stilisierten Kopf für Menschen, also Nahaufnahmen, ein zweites Symbol für Landschaften, also Fernaufnahmen. Ebenso verhielt es sich mit den Einstellmöglichkeiten für die Blende. Da gab es immerhin drei Symbole: Eine Sonne, eine Sonne halb bedeckt mit einer Wolke und einen Mond oder eine Wolke für Aufnahmen in der Dämmerung oder bei bedecktem Himmel.

Die Piktogramme waren selbsterklärend und daher für jeden verständlich. Sogar Kinder konnten damit einigermaßen korrekt belichtete Bilder machen. Dass sich daraus ganz an der Probleme wie Verwacklungsunschärfe ergeben mochten, darauf soll hier nicht näher eingegangen werden.

Aus diesen für heute technischen Unzulänglichkeiten entwickelten sich eine ganze Reihe von Merksätzen für Fotografen, die auf der Website von Siriu zusammengefasst sind. Manche sind heute unverständlich, manche unfreiwillig komisch, andere wiederum Tipps, die besonders fotografischen Anfängern bei der Bildgestaltung helfen können. Dabei denke ich insbesondere an den Hinweis mit dem Hintergrund.

Der letzte Merksatz "Fotografierst du deine Bilder roh, bist du beim Bearbeiten darüber froh!" ist frei erfunden und gilt nur für digitale Fotos. Und im Übrigen auch Blödsinn, und für Anfänger in der Digitalfotografie kann der Hinweis, nur RAW-Fotos zu fotografieren, durchaus abschreckend sein.

Für Anfänger empfehle ich, nimm deinen Fotoapparat, zieh los und fotografiere. Nutze die unterschiedlichen Kombinationen vor allem von Blende und Belichtungszeit und probiere aus. 

Es gibt nicht DIE Einstellungen. Jedes Foto, jede fotografische Gelegenheit, hat viele unterschiedliche Einstellmöglichkeiten. Was nichts daran ändert, dass insbesondere Anfänger sich mit den grundlegenden Regeln der Fotografie vertraut machen sollten. Nur wer sie kennt und beherrscht, kann sie beugen und brechen. 

Aber ganz ehrlich: "Sonne lacht, Blende acht" gehört nicht zu den Regeln, die man beherrschen muss.